Hip Hop Beats – Einstieg in die Welt der Beatproduktion

Klingen eure Hip Hop Beats noch nicht so fett, wie ihr es euch vorgestellt habt? Habt ihr bisher nur Songs aus anderen Musik-Genres produziert und möchtet euch jetzt einmal im Hip Hop ausprobieren? Oder ist das Beat-Producing vielleicht sogar noch komplettes Neuland für euch? Dann soll euch dieser Artikel ein paar Praxis-Tipps geben, um klassische Fehler bei der Produktion von Hip Hop Beats zu vermeiden

1. Die Auswahl der richtigen Software (DAW – Digital Audio Workstation)

DAW Hersteller für Hip Hop Beats
Durch das digitale Zeitalter gab es ein Wandel in der Musikbranche. Für den Einen Fluch, für den Anderen Segen, denn plötzlich hatten viele Musiker die Möglichkeit, ihre musikalischen Ideen zu verwirklichen. Man war nicht mehr auf die teure analoge Technik der großen Tonstudios angewiesen. Heute könnt ihr mit einem PC oder Laptop und der richtigen Software kostengünstig in die Produktion von Hip Hop Beats einsteigen. Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Audio-Software-Herstellern. Welcher der Richtige für euch ist, hängt u.a. von folgenden Faktoren ab:

– Wie viel Budget habt ihr für die Software?
– Welche Benutzeroberflächen wirken für euch intuitiv?
– Wie stabil läuft die Software bei extremen Spuranzahlen und Effekten?
– Wie erfolgt die Integration mit euren vorhandenen Controller und eurer Hardware?
– Passt die vorhandene Sound-Library grundsätzlich zu euren musikalischen Ideen?
– Welche Möglichkeiten habt ihr, die Software zu erweitern (z.B. durch VST-Plugins)?
– Habt ihr die Möglichkeit verschiedene Module kreativ miteinander zu verbinden?
– Wie ist die Community der User?

Hier findet ihr eine kleine Auswahl der gängigsten DAWs. Schaut euch am Besten die Produktvideos an und nutzt die Demoversionen auf den Hersteller-Seiten, um einen guten Einblick zu bekommen:

Ableton Live https://www.ableton.com/de/
Avid Pro Tools: http://www.avid.com/DE/products/family/pro-tools
Cakewalk Sonar: http://www.cakewalk.com/products/sonar/
ImageLine FL Studio: http://www.image-line.com/documents/flstudio.html
Steinberg Cubase: http://www.steinberg.net/en/products/cubase/start.html
Propellerhead Reason http://www.propellerheads.se/products/reason/

Ich persönlich habe vor über 13 Jahren mit Magix Music Maker angefangen Hip Hop Beats zu produzieren, da die Software sehr einfach aufgebaut war und für Anfänger sehr geeignet schien. Kurze Zeit später lernte ich dann Fruity Loops kennen. Fruity Loops war ebenfalls sehr intuitiv und ist in der aktuellen Version eine vielseitige und mächtige Audio-Software. Viele mir bekannte Hip Hop Produzenten arbeiten auch heute noch mit Fruity Loops, unzählige Youtube Tutorials für Hip Hop Beats bestätigen diesen Eindruck. Irgendwann schwärmte ein damaliger Schulkollege von den individuellen Möglichkeiten in Propellerhead Reason und so entschied ich mich für diesen schwedischen Software-Hersteller. In der Version 2.5 gab es noch keine Recording-Möglichkeiten (dafür habe ich parallel Steinbergs Cubase verwendet) und der Einstieg war recht komplex. Aus meiner heutigen Sicht zeichnen folgende Besonderheiten Reason Propellerhead aus:

– der unglaublich warme Sound des Mastering Bus
– der digitale Mixer als eine Emulation der legendären analogen SSL 9000k Mixing-Konsole
– die Stabilität der Software
– die Möglichkeit alle Devices kreativ mit virtuellen Kabeln zu verbinden

In der aktuellen Version von Propellerhead Reason 6.5 werden keine VST-Plugins unterstützt (es existiert ein eigener Shop mit sogenannten „Rack Extensions“) und die interne Sample-Auflösung ist nicht höher als 24bit (aus meiner Sicht vollkommen ausreichend). Ein umfangreicher Vergleich aller DAWs war für mich aus zeitlichen Gründen nicht möglich, da man als User oft mehrere Wochen benötigt, um die Stärken und Schwächen einer Software richtig „kennenzulernen“. Ich vermute einige Produzenten haben sich für eine Audio-Software entschieden, weil ein Bekannter gerade das passende Image illegal gedownloadet hat.

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2. Aufbau einer Sound Library für Hip Hop Beats

Da Hip Hop Beats hauptsächlich von dem Sound der Drums leben, entscheidet die Qualität der Drum-Samples über Sieg oder Niederlage. Immer wieder höre ich Hip Hop Beats auf soundcloud.com, rappers.in oder soundclick.com, die melodisch sehr einprägsam und ausgearbeitet sind, aber leider nicht überzeugen, weil die Drums zu dünn und energielos wirken. Aus meiner Sicht macht es Sinn von Anfang an mit fetten Drumkits von externen Anbietern zu arbeiten. Für einen Einstieg kann ich euch folgende Seiten ans Herz legen. Achtet immer auf eine Sample-Auflösung von 24 oder besser 32 bit.

http://hiphopdrumsamples.com/
http://www.producerloops.com/
http://www.mvploops.com/
http://www.modernproducers.com
http://www.loopbased.com

Wenn ihr ausreichend Drum-Material für eure Hip Hop Beats in der Sound Library gesammelt habt, empfehle ich euch eine Ordner-Struktur nach Kick, Snare, Hihats, Cymbals, usw. vorzunehmen. Damit verkürzt ihr den Arbeitsaufwand beim Produzieren und Suchen von passenden Drum-Sounds. Um euren Drums eine eigene Note zu geben, könnt ihr z.B. mit sogenannten Field-Recordern alle denkbaren Sounds aus eurer Umgebung aufnehmen, mit Effekten bearbeiten und integrieren. Beatproducer Timbaland fügt oft eigene Vocal-Geräusche und mehrere Percussion-Spuren in den Rhythmus seiner Drums ein (zu hören in „Nelly Furtado – Say it Right“ oder „Aaliyah – Try Again“). Ein weiteres Beispiel für kreatives Sounddesign liefert Produzent und Rapper Tua mit seinem „Vodka Beat“:

3. Takt, Tempo, Rhythmus und Groove von Hip Hop Beats

Fast allen elektronischen Tracks liegt ein 4/4 Takt zu Grunde. Klassische Hip Hop Beats haben oft ein Tempo zwischen 80 und 100 BPM. House oder Dubstep Beats liegen eher über 120 BPM. Aus Sicht des Rhythmus befindet sich die Clap bzw. Snare fast in allen Fällen auf der 2 und der 4. Die Kick und Hihats variieren. Typisch für Hihtas im Hip Hop sind durchgängige 8tel oder 16tel Anschläge.

Rhythmus von Hip Hop Beats

Es ist für mich oft leichter mit den Drums zu beginnen. So können die restlichen Elementen schon auf einen bestimmten Groove aufgebaut werden. Um den natürlichen Groove zu erhalten, empfehle ich euch, die Drums nicht per Programmierung eines Drum-Computers, sondern per Controller oder Drum-Pad einzuspielen. Der Controller „Akai MPD 18“ eignet sich dafür hervorragend, da er durch 16 Pads dem Feeling einer klassischen MPC sehr nahe kommt. Achtet darauf, dass ihr mit einer automatischen Quantisierung nur Takt-Fehler korrigiert und nicht den natürlichen Groove der Hip Hop Beats zerstört. Um einen „Laidback Effekt“ zu erzeugen, kann man die Claps oder Snares ein wenig nach hinten verlagern.

MPD18_angle_media for Hip Hop Beats

4. Rhythmische Elemente in Hip Hop Beats

Jeder kennt das Gefühl, bei manchen Songs zwanghaft mit den Kopf mitnicken zu müssen. Meistens sind durchgängig rhythmische Elemente in den Beats verantwortlich, die nicht immer im Vordergrund stehen müssen. Bei Eminem’s „Lose yourself“ wird dieser Effekt durch die E-Gitarren und die Bassline erzeugt. Bei Dubstep ist dieses stilistische Mittel das Hauptmerkmal des Genres, wie der Song „Katy B – Katy On A Mission“ deutlich zeigt.

5. Melodien: Samplen oder Komponieren?

Es existieren viele Mythen und Legenden um das Thema Urheberrechtsverletzung beim Sampling. Streicht schnell Sätze wie „Man darf nur eine Tonfolge bis 8 Noten samplen“ oder „Alles unter 2 Sekunden ist beim Sampling erlaubt“ aus eurem Kopf. Fakt ist, Sampling ist seit den Anfängen des Hip Hops ein fester Bestandteil des Genres (jüngstes Beispiel: „Cro – Easy“ verwendet Samples von „Bobby Hebb – Sunny„). Produzenten-Größen wie Dr. Dre und Timbaland greifen beim Hip Hop Beat Producing immer wieder auf ihre riesigen Plattensammlungen zu, die von Soul bis Orientalischer Musik alle Genres abdeckt. Grund dafür ist meistens nicht ein Mangel an Kreativität, sondern die Chance aus „alten Sound-Fundstücken“ einen unverwechselbaren, neuen Sound zu erschaffen. Dieser Sound ist mit selbst eingespielten Instrumenten schwer zu erreichen. Ob es sich dabei um eine Urheberrechtsverletzung handelt, ist immer eine Einzelfallentscheidung und hängt davon ab, ob das verwendete Sample im Song „erkennbar“ ein Teil des Originals ist. Als Beatproducer ergeben sich somit 4 Optionen:

Option 1: Ihr könntet Samples mit wiedererkennbaren Teilen verwenden und euch um ein Sampling-Clearing kümmern, sprich mit den Urhebern einen Lizenzvertrag für die Nutzung der Samples vereinbaren (siehe „Kool Savas – Aura“ und „Hans Zimmer – Time„)

Option 2: Ihr könntet Samples mit wiedererkennbaren Teilen verwenden und euch nicht um ein Sampling-Clearing kümmern, was zu einer Urheberrechtsverletzung führt. Der Ärger kommt von alleine, wenn der Song erfolgreich ist!

Option 3: Ihr könntet kurze Samples verwendet, die ihr so bearbeitet, zerschneidet und verändert, dass Niemand (nicht einmal der Urheber) auf das Original schließen könnte. Wo kein Kläger, da kein Richter!

Option 4: Ihr verzichtet auf Samples, komponiert alle Melodien selbst und spielt diese ein bzw. spielt nicht erkennbare Samples mit eigenen Instrumenten nach.

Falls ihr euch für eine Variante mit Sampling entscheidet, versucht nur von hochauflösenden Medien wie Vynyl oder CD zu samplen. MP3 Soundtracks aus dem Netz fallen somit raus. Oft findet man exotisches, unbekanntes und altes Sampling-Material bereits ab 1 € auf Flohmärkten. Verwendet dann für eure passenden Samples in euren Hip Hop Beats Effekte wie z.B. Hall, Delay, Pitch, EQ oder Distortion, um euren charakteristischen Sound zu finden. Auch aus dem Umkehren (Reverse) der Sounds und der Kombinationen aus mehreren Sampling-Quellen können sehr individuelle Hip Hop Beats entstehen. Ich verwende für meine Samples sehr gerne einen Pitch, etwas Hall und den „Propellerhead Reason Pulsar“, um den Samples einen eigenen Rhythmus einzuhauchen. Mit der Zeit entwickelt jeder Produzent seinen eigenen kreativen Sampling-Prozess. Für eine eigene Bass-Spur ist es oft nötig, den Bass der Samples mit einen Equalizer komplett rauszufiltern. Wenn ihr eure Melodien selbst komponieren und einspielen möchtet, sollte ihr darauf achten, dass eure eingespielten Instrumente eine natürliche Anschlagsdynamik haben. Pianos und Streicher wirken oft sehr künstlich, wenn jede Note mit 100 % Anschlag in die DAW „reingeklickt“ wird.

6. Panorama, Effekte und Equalizing

Wenn ihr alle Elemente nach eurer Vorstellung eingespielt habt, könnt ihr mit einigen kleinen „Schönheits-Eingriffen“ den Sound eurer Hip Hop Beats optimieren (jetzt beginnt bereits der Mixing-Prozess). Arbeitet mit dem vollen Stereo-Panorama. Am Besten lasst die Kick und den Bass in der Stereo-Mitte. Andere Percussion-Elemente und Instrumente können dann nach links und rechts verteilt werden, so wirkt der Beat präsenter. Verwendet möglichst keinen Hall auf der Kick und den Bass. Alle anderen Elemente wie Claps, Hihats, Snares oder Synthies wirken durch einen Hall lebendiger. Zur Zeit kann man in vielen Songs Kicks hören, die mit Sub-Bässen „angefettet“ wurden (z.B. „Kendrick Lamar – Bitch, don’t kill my vibe„).

Einen gesonderten Blog-Artikel zum Thema Kick und Bass Mixing findet ihr hier: https://www.beatbruecke.de/mixing-kick-bass/

Auch mein Artikel über Parallelkompression von Drums könnte euch bei der Sound-Optimierung helfen: https://www.beatbruecke.de/mixing-drums-parallelkompression/

Sollte euer Mix zu sauber und steril klingen, kommen Effektgeräte wie „Audimatic“ zum Einsatz. Damit können den Drums oder der Summen-Spur beispielsweise ein Vinyl-Effekt hinzufügt werden. Aber vorsichtig, man sollte diese Effekte auf der Summen-Spur nicht übertreiben.

Propellerhead Reason Audiomatic für Hip Hop Beats

7. Arrangement – Keep it simple!

Wenn ihr mit dem Sound eures Hip Hop Beats zufrieden seid, könnt ihr euch abschließend um das Arrangement kümmern. Versucht die Spannung bis zum Refrain aufzubauen und lasst euch die Highlights für den Refrain. Vor der Hook könntet ihr die Drum-Spur rausnehmen und beispielsweise einen Fade-In Effekt nutzen. In der Hook kommen meistens besondere Percussion-Elemente und Melodien hinzu. Oft weist die Hook auch ein größeres Stereo-Panorama auf als die Verse. Das Wichtigste: Keep it simple! Der Durchschnitts-Hörer kann meistens nicht mehr als drei neue Elemente auf einmal verarbeiten. Sollten eure Beats zu überladen und komplex sein, wird es außerdem für die Sänger und Rapper schwierig, ihre Vocals passend zu platzieren. Eine kleine Anekdote am Rande: Als wir vor einiger Zeit an einem Oldschool-Track für das Projekt „Daily Biz“ gearbeitet haben (der Beat bestand nur aus einer Drum-, Sample- und Bass-Spur), dachten wir, dass bei einem so minimalistischen Aufbau, kein Element zu keiner Zeit im Arrangement fehlen sollte. Wir kamen beim Mixing aus Versehen auf die Löschtaste und löschten vor der Hook die Samplespur. Plötzlich erzeugten wir dadurch zufällig ein bestimmtes „Oldschool Flavour“, da zeitweise nur die Drums und die Vocals zu hören waren. Weniger ist manchmal mehr!

Ich hoffe ich konnte euch einen guten Einstieg in die Thematik bringen und freue mich auf Feedback! Es existieren mit Sicherheit noch hunderte weitere stilistische Elemente und Tricks. Welche praktischen Handgriffe habt ihr für eure Hip Hop Beats parat?

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